Er war ein magerer Junge aus Oklahoma, der mal gerade die fünfte Klasse besucht hatte, aber er machte sich mit großem Lerneifer und grenzenloser Fantasie auf den Weg in den amerikanischen Westen.
In den ersten Jahren absolvierte er eine Lehre in den Eisenbahnwerkstätten von Colorado, wo er sich zu einem kompetenten Maschinisten entwickelte. Er versuchte sich an der Gründung einer Autohandlung und später einer Buslinie und lernte dabei vieles, was man über Mechanik, der Funktion und Reparatur von Motoren und dem Schweißen wissen konnte. Diese Fähigkeiten brachten ihn erstmals an die Westküste, wo er am Bau einer Gasleitung nach San Francisco und von Verarbeitungsanlagen für die Golden State Milk Company mitarbeitete.
Von dort machte er sich auf den Weg nach Arizona, wo er mit seinem Bruder einen kleinen Schweißerladen eröffnete. Sie reparierten Autos und verkabelten Häuser, und in seiner Freizeit tüftelte er an Maschinen und ersann Lösungen für die vielen mechanischen Probleme, mit denen er und andere wie er täglich konfrontiert waren. Irgendwann entwarf und produzierte er sogar einen neuen Warmwasserbereiter für den Hausgebrauch, doch der Erfolg war nur kurzlebig.
Es waren die 1930er Jahre, und während der Depression war Arbeit Mangelware. Er fand sich in Texas wieder, wo er Ölbohrgeräte schweißte, bevor er schließlich mit kaum mehr als einer Handsäge in seinem Rucksack nach Oregon trampte. Innerhalb von 25 Jahren würde er ein Multimillionär sein.
Sein Name war Joseph Buford Cox.
Joe Cox ging die Welt der Holzindustrie und des Holzfällens an, wie er alles andere im Leben angegangen ist: mit einer natürlichen Neugierde und einem angeborenen unaufhaltsamen Antrieb. Er erlernte alles, was in der Welt des Holzfällens zu tun war, fällte und zerlegte Bäume wie in alten Zeiten, mit einer einfachen Axt oder einer Zweimann-Schrotsäge – umgangssprachlich als „Elendspeitsche“ bekannt.
„In jenem ersten Winter in Oregon fällten, entasteten und zerlegten wir kleine gefrorene, knorrige Kiefern im meterhohen Schnee. Wir verdienten etwa vier Dollar für zehn Stunden harte Arbeit – das war hart.“
Angesichts seines Hintergrunds konnte er nicht umhin, zu bemerken, dass die Branche einen Schub in Richtung Mechanisierung brauchte. Dies war bereits ein Trend in der Holzindustrie, aber angesichts der widrigen Bedingungen in den Wäldern lag der Holzeinschlag in der Mechanisierung weit zurück. Schließlich gelangte er in den Besitz einer neuartigen Motorsäge, die auf einer Schubkarre montiert war und von einem Motorradmotor angetrieben wurde. Der innovative Apparat funktionierte aber leider einfach nicht gut.
Wir konnten damit einen Baum nicht einmal so schnell fällen wie mit einer Handsäge.
Das beschäftigte ihn, denn er wusste, wenn er eine Motorsäge so effizient wie eine Zweimann-Säge einsetzen könnte, würde das Sägen von Holz um ein Vielfaches einfacher werden.
Die frühen Kettensägen und ihre Prototypen verwendeten eine so genannte Risserkette, deren Zähne ähnlich wie bei einer Handsäge angeordnet waren. Ihre Handhabung erforderte viel Geschick, und fast die Hälfte des Arbeitstages eines Holzfällers oder Arbeiters im Sägewerk ging für das Schärfen verloren.
Joe wäre nicht Joe gewesen, wenn er sich nicht einer Lösung für dieses Problem gewidmet hätte. Er dachte Tag und Nacht darüber nach. Er informierte sich über die neuesten Technologien und studierte die technischen Daten aller modernen Maschinen, die er finden konnte. Leider funktionierte nichts. Die Erleuchtung fehlte. Nichts. Bis er sich der Natur zuwandte und zufällig auf das stieß, was seinen scharfsinnigen Verstand in Flammen setzte.
Es war während der Zeit der Tillamook-Waldbrände. Eine Reihe von verheerenden Feuern hatte die Wälder der nördlichen Küstengebiete des Staates Oregon verwüstet. Joe war mit seiner treuen Axt auf der Suche nach noch verwertbarem Holz, als er auf einen alten, hohlen Baumstumpf hieb. Er hielt inne. Etwas Stach ihm ins Auge. Ein Tunnel, ein winziger Tunnel, der von den Larven eines Käfers in den Stumpf gegraben wurde. Einer Art der Holzkäfer, einem Kiefernholzsäger, um genau zu sein.
Er fiel auf die Knie, nahm seine Mütze ab, drückte sie an sein Herz, beugte sich näher heran und spähte in das Loch. Holzwürmer. Zerstörerische kleine Teufel. Ihre geflügelten Mütter legen ihre Eier unter die Rinde, und wenn sie schlüpfen, bohren sich die Larven mit gefräßiger Präzision durch das umliegende Holz. Ausgestattet mit zwei gezackten Kiefern, nagen sie sich mit oder gegen die Fasern durch gesundes Massivholz und hinterlassen nichts als einen wachsenden Haufen von Sägespänen hinter sich.
Joe nahm einige der Larven mit nach Hause und holte eine Lupe. Er studierte sie stundenlang. Was manche als „eklig“ bezeichnen würden, war für ihn eine Quelle endloser Faszination. Es schien, als würden die Larven das Holz in alle Richtungen schneiden, nach links und rechts, und nicht nur hin und her wie bei einer gewöhnlichen Handsäge oder einer Risserkette.
In der Natur fand er endlich, wonach er gesucht hat.
Er verwandelte den Keller seines bescheidenen Hauses in Portland in ein Labor und begann mit der Arbeit an einer Erfindung, die nicht nur sein Leben, sondern die gesamte Holzindustrie weltweit revolutionierte und bis heute verändert hat.
Er erfand eine gänzlich neue Art von Sägekette. Sie basierte auf demselben Prinzip, das er sich vom Holzkäfer abgeguckt hatte, und war so konstruiert, dass sie zu den Seiten hin schnitt und nicht nur vorwärts und rückwärts, wie es die alten Risserketten taten.
Diese Hobelzahnkette schnitt schneller und effizienter als eine Risserkette, und sie musste nicht so oft nachgeschärft werden, was eine enorme Zeitersparnis bedeutete.
Joe ließ sich seine Idee patentieren und arbeitete weiter in seinem Keller. Es dauerte einige Zeit, bis er seine Sägekette auf den Markt bringen konnte. 1947 gründete Joe die Oregon Saw Chain Corporation. Das Unternehmen begann mit nur vier Beschäftigten.
Im ersten Jahr verkauften sie bereits Sägeketten im Wert von 300.000 Dollar. Die Kettensägen Besitzer waren von dem Produkt begeistert, da es die Effizienz des Sägens – und damit ihren Gewinn – maximierte. Diese Erfindung ermöglicht den Holzeinschlag in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit, und veränderte das Gesicht der Branche weltweit. 1955 wurde bereits 7 Millionen Dollar Umsatz gemacht, und 1957 trat das Unternehmen unter dem Namen Omark Industries in den globalen Markt ein.
Das Wichtigste ist es, ein Qualitätsprodukt zu haben. Wenn es nicht gut ist, werden die Leute es nicht mehr kaufen. Damit sie wiederkommen, müssen wir uns ständig verbessern.
Joe testete sein Produkt weiterhin an verschiedenen Holzarten und erweiterte sein Sortiment um mehrere Dutzend Größen sowie um Zubehör für Sägen und andere Schneidwerkzeuge. Im Jahr 1980 stellte das Unternehmen Produkte in siebzehn Werken in fünf Ländern her, beschäftigte über 4.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete einen Jahresumsatz von über 250 Millionen US-Dollar.
Die moderne Kettensäge wurde nicht nur für Holzfäller und Forstwirte, sondern auch für Menschen aus allen anderen Bereichen des Lebens, von Bauarbeitern und Feuerwehrleuten bis hin zu Katastrophenschutzteams und technisch versierten Hausbesitzern, zu einem wichtigen Hilfsmittel. Seine Allgegenwart verdankt sie ihrer Leistung, ihrer Tragbarkeit und natürlich der Qualität ihres Schnitts, die von keinem Geringeren als Joe Cox und seiner genialen Erfindung erst ermöglicht wurde.
Eine wahre Legende.